Manuela Unterthiner - Sieben Quellen der Kraft

Manuela Unterthiner

„Hilf dir selbst,
dann hilft dir Gott.“

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Mein Name ist Manuela Unterthiner, Jahrgang 1979, ich bin Religionslehrerin, geistliche Assistentin des KFS, Wortgottes- und Begräbnisleiterin. Der christliche Glauben ist für mich Bereicherung, Mehrwert, Lebensfreude und Lebensorientierung.

„Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott.“

von Manuela Unterthiner

Dieses Sprichwort habe ich lange Zeit nicht verstanden, und es hat mich manchmal sogar zornig gemacht. Ich habe nämlich lange geglaubt, dass die Initiative von Gott ausgehen muss, dass er mir ganz einfach hilft, wenn es mir schlecht geht, und ich erst dann aktiv werden kann.

Heute weiß ich, dass das so nicht stimmt. Es ist umgekehrt. Wenn ich bereit bin, mein Problem anzuschauen und es Gott hinzuhalten, dann fügt sich auch der Rest. Und so ist mir vor allem in Krisenzeiten dieses Sprichwort hilfreich und wichtig.

Aber wie helfe ich mir selbst? Ist das überhaupt möglich, wenn es mir schlecht geht und ich keinen Ausweg mehr weiß?

Nun, ganz oft weine ich zunächst. Das Weinen hat für mich einen befreienden Charakter und es bedeutet, dass ich anerkenne, dass es mir nicht gut geht. Ich stehe so zu meinen Gefühlen und zu meiner Krise. Ich verdränge nichts. Ich stehe zu mir und bin ehrlich.

Gleichzeitig weiß ich aber auch, dass Weinen allein mich nicht weiterbringt. Ich brauche jemanden, der mir zuhört, der mich nicht verurteilt, jemanden, der einfach da ist und der mein Weinen und Klagen versteht. Jemanden, der mich nicht bloßstellt.

Mein erster Adressat und Ansprechpartner ist dann Gott. Ihm ist es vollkommen egal, ob ich zwei- oder dreimal am Tag mit meinen Tränen komme, für ihn spielt es keine Rolle, ob es Tag oder Nacht ist. Ich muss mich vor ihm nicht schämen und nicht verstellen. Ich darf klagen, ohne dass ich angeklagt werde. Ich muss mich nicht rechtfertigen, nicht tausendmal entschuldigen und erklären. Ich muss nicht Angst haben, falsch verstanden zu werden. Ich darf auch in meiner Krise sein, wie ich bin, weil mein positives Gottesbild mir sagt: Gott liebt mich. Auch dann und vor allem dann, wenn es mir nicht gut geht. Deshalb fällt es mir leicht, zu ihm zu sprechen wie zu einem guten Freund. Manchmal mache ich das in Form von ganz freien Worten und spreche mir alles von der Seele, was mich bewegt, manchmal verwende ich Psalm-Verse, weil sie mir dabei helfen, das auszudrücken, was ich fühle, und manchmal setze ich mich einfach hin und sage: „Gott, hier bin ich mit meinem Schmerz und meiner Verzweiflung. Was soll ich tun?“ Ich weine und klage. Und manchmal beklage ich mich auch, weil ich nicht einverstanden bin oder weil auch mein Zorn und meine Wut über die gegenwärtige Situation einen Platz haben möchten. Ganz oft wähle ich für diese Gespräche mit Gott besondere Orte aus, an denen ich mich ihm besonders nahe fühle. Da gibt es z.B. unsere kleine Kirche im Dorf oder die Frauenkirche am Kreuzgang in Brixen.

Nach dem Gebet und dem Gespräch mit Gott wird es irgendwann ganz ruhig und still in mir. Und in dieser Stille tun sich dann neue Gedanken auf. Rationale Ideen und Möglichkeiten. Konkrete Handlungsschritte. Ich fühle, was mir jetzt gut tun würde und wie ich das auch umsetzen kann. Ich erlaube es mir dann, mir selbst etwas Gutes zu tun und mehr als sonst darauf zu achten, was ich brauche. Ich kann und darf liebevoll zu mir selbst sein. Für mich fühlt es sich dann so an, als ob sich meine Krise neu sortiert. Ich fühle mich nicht mehr ganz so hilflos und ohnmächtig, sondern ich erfahre, dass ich selbst aktiv zur Lösung meiner Schwierigkeiten beitragen kann. Das ist ein sehr wohltuendes Gefühl!

Manchmal hilft mir das Gebet auch, mein Problem aus der Distanz betrachten zu können und zu merken, dass die Krise vielleicht nicht ganz so schlimm ist, wie anfangs von mir befürchtet und gefühlt. Ich bin getröstet und habe dabei das Bild vor Augen, wie Gott sich neben mich setzt und mir seine Hand auf meine Schulter legt.

Und manches Mal bedeutet es für mich, Menschen um Hilfe zu bitten und zugeben zu können, dass es mir im Moment nicht gut geht. Das ist nicht immer einfach, aber für mich notwendig, wenn ich zum Schluss gekommen bin, dass ich es allein nicht schaffe. Ich beziehe dann Familie und Freunde mit ein und darf sie zu Weggefährten in meiner Krise machen.

Ein nächster wichtiger Baustein zur Krisenbewältigung sind für mich Zitate aus der Bibel, die ich täglich mehrmals wie ein Mantra wiederhole, wenn es mir nicht gut geht:

Gott sagt: „Ich bin da.“ (Exodus 3, 14), „Ich habe dein Gebet gehört und deine Tränen gesehen“ (2 Könige 20,5), „Fürchte dich nicht, denn ich bin mit dir, hab keine Angst, denn ich bin dein Gott“ (Jesaja 41,10), „Gott lässt dich nicht fallen, und er verlässt dich nicht.“ (Deuteronomium 31,8).

Diese Sätze sind wie ein Anker, und sie heben im Laufe des Tages meine Stimmung. Sie schenken mir Zuversicht und Stärke und erinnern mich daran, dass Gott mich noch nie allein gelassen hat. Das wiederum verhilft mir zum Glauben, dass auch dieses Mal alles gut wird und ich meine aktuelle Krise wieder meistern werde.

Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott – ich durfte und darf erfahren, wie sehr dieser Satz stimmt und wie wertvoll er sein kann.

… und Gott setzt sich neben mich…